Studie: Social-Media-Inhalte vor allem im ZDF

Das Medienforschungsinstitut Media Tenor International hat eine neue Auswertung zu den Inhalten der Nachrichtensendungen von ARD und ZDF veröffentlicht: Schwerpunkt war dieses Mal die Verwertung von Inhalten aus den sozialen Netzwerken seit Jahresbeginn.

Sreenshot aus der Studie von Media TenorEin Ergebnis der Untersuchung lautet: Die Nachrichtenformate von ARD und ZDF verweisen immer häufiger auf Social-Media-Inhalte als Quelle ihrer Informationen. Dabei greift den Ergebnissen zufolge insbesondere das ZDF in seiner Nachrichten-Berichterstattung intensiv auf YouTube-Bilder und -Videos zurück.

Die Ergebnisse der Studie findet Ihr hier als .pdf:
Social Media: Gefragte Quelle im ZDF

Wie bereits berichtet (13. Juni / 16. Juni 2011) unternimmt derzeit die ARD besondere personelle Anstrengungen, um die sozialen Netzwerke als Nachrichtenquellen verstärkt zu erschließen. Im Zwei-Schichtbetrieb überwachen bei ARD-aktuell sogenannte Social-Media-Redakteure die Netzwerke im World Wide Web. In der Studie von Media Tenor hat sich das aber (noch) nicht niedergeschlagen: Wenngleich auch in den ARD-Nachrichten zunehmend Inhalte aus den sozialen Netzwerken präsentiert werden, „gehen die ARD-Nachrichten (im Vergleich zum ZDF, Anmerk. d. Autors) deutlich zurückhaltender mit diesen Quellen um“, sagt Roland Schatz, Gründer und Chefredakteur von Media Tenor International.

Media Tenor kritisiert ZDF-Nachrichten

Was ist laut Media Tenor von diesen Ergebnissen zu halten? Roland Schatz kritisiert die zunehmende Verwendung von Material aus den sozialen Netzwerken in den Nachrichten des ZDF: „Vor einem Millionenpublikum bietet das ZDF diesen Kanälen kostenlose Werbung“, erläutert Schatz. „Auf der anderen Seite strahlt der Sender zur späten Abendzeit dann Dokumentationen aus, in denen vor dem Netzwerk in Zusammenhang mit dem Verweis auf Datenschutzverstöße gewarnt wird. Das passt nicht ganz zusammen.“

Methodisch sauber?

Der Autor fragt sich, ob die nun veröffentlichten Ergebnisse methodisch sauber zustande gekommen sind. Das veröffentlichte sechsseitige Dokument lässt keine zufriedenstellenden Rückschlüsse zu. Hier einige Kritikpunkte:

1.Wie kommt die Aussage „immer häufiger“ zustande? Die Studie präsentiert lediglich gesammelte Ergebnisse aus dem Zeitraum Januar bis Juni 2011. Für eine vergleichende Aussage wie „immer häufiger“ sind zwingend mindestens zwei Vergleichszahlen aus Vergleichszeiträumen notwendig. Diese könnten vorliegen – in die Auswertung eingebunden wurden sie aber nicht.

2. Wie kommt die Aussage „ZDF-Nachrichten haben großes Vertrauen in YouTube“ zustande? Ein möglicher Grund: interne Regeln zur Quellenbezeichnung. Das ZDF insertiert bei der Verwendung von Videos aus dem World Wide Web überwiegend mit der Kennzeichnung: „Quelle: YouTube“. Leichtes Spiel also für die Kodierer. Die ARD dagegen hat sich zuletzt auf die Formulierung „Video via Internet“ verständigt, da YouTube lediglich ein Übertragungsweg – nicht aber eine ordinäre Quelle sein kann. In diesem Zusammenhang wäre eine Prüfung des Kodierbuchs sinnvoll.

3. Wie kommt die Aussage „Social Media laufen Qualitätsmedien den Rang ab“ zustande? Hier werden Quellen für Bildmaterial (etwa Videos aus dem Internet) mit Quellen für Nachrichten (Rechercheergebnisse aus Print-Redaktionen) gleichgesetzt. Das ist in meinen Augen nicht nur methodisch unvernünftig sondern inhaltlich unsinnig. Denn Videos aus dem Internet werden in der Regel verbal eingeordnet (z.B. nicht unabhängig überprüfbar) und mit Inhalten ergänzt, die im Gegensatz zu den Bildern eben doch journalistisch überprüfbar waren. Diese Gemengelage macht eine pauschale Aussage wie „laufen den Rang ab“ wissenschaftlich gesehen unzulässig.

Ich frage mal an, ob ich das Kodierbuch der Untersuchung bezüglich der sozialen Medien einsehen darf. Eine entsprechende Ergänzung würde ich dann nachreichen.

Umfrage-Fakten:

Media Tenor hat für die genannte Studie eigenen Angaben zufolge insgesamt 11.899 Zitate in 41 Meinungsführer-Medien zwischen dem 1. Januar und 13. Juni 2011 ausgewertet. Alle Artikel und TV-Beiträge wurden von professionellen Analysten untersucht und ausgewertet. Die durchschnittliche Inter-Codier-Reliabilität (Übereinstimmung von Auswertungen identischer Beiträge durch unterschiedliche Codierer) betrug im II. Quartal 2011 88,7 Prozent.

NACHTRAG am 19. August 2011:

Auf meine Anfrage nach dem Kodierbuch hat niemand geantwortet. Schade.

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